Eisblumen sind Eiskristalle, denen wegen ihrer Form Ähnlichkeit mit einer Blume zugesprochen werden. Sie entstehen an dünnen Fensterscheiben im Innenraum, wenn die Außentemperatur unter 0°C sinkt, innen hohe Luftfeuchtigkeit herrscht und sich an der Scheibe Kristallisationskeime wie zum Beispiel Staubteilchen befinden, an denen das frierende Wasser kristallisieren kann. In unseren Breitengraden sind Eisblumen mit der Erderwärmung und der zunehmenden Mehrfachverglasung bei Altbausanierungen zum seltenen Phänomen geworden.
Alfred Ehrhardt hat vielen seiner Aufnahmen von Naturdingen durch den abstrakten Bildausschnitt und die betonte Lichtregie eine solche Lebendigkeit eingehaucht, dass man meinen könnte, anorganische Materie habe mitunter organische Qualitäten. Einige seiner abstrakten Wattfotos tragen sogar Titel wie Ein Pflanzengebilde, ein Geisterkraut von seltsam strenger Schönheit. So nimmt nicht wunder, dass ihn besonders diese »Pflanzen aus Eis« faszinierten, denn wo sonst könnte man besser Analogien zwischen der Formenwelt »unbelebter« Materie und der Welt der Pflanze demonstrieren?
Analog zu Alfred Ehrhardts Aufnahmen von Eiskristallen zeigt die Stiftung Fotografie und Kunstwissenschaft Ann und Jürgen Wilde Karl Blossfeldts Aufnahmen von Pflanzen, in denen sich die Wunder der Natur in ihrer Schönheit und Formenvielfalt offenbaren.
Nach dem großartigen Erfolg seiner Publikation Urformen der Kunst (1928) fühlt sich Karl Blossfeldt veranlasst, eine neue Folge seines Pflanzenwerks unter dem Titel Wundergarten der Natur (1932) zu veröffentlichen. Wie schon zuvor lehrt uns auch dieses Werk, dass alle Formen, die in der Kunst zum Ausdruck kommen, schon in der Natur in vielen wunderbaren Mustern angelegt sind. So ist jede Pflanze für sich, in ihrem künstlerisch-architektonischen Aufbau, ein von unsichtbarer Hand geschaffenes und geformtes Kunstwerk, ein Wunder der Natur und lebendiges Werk der Schöpfung. Darüber hinaus fühlt sich Karl Blossfeldt aber auch stark mit der Natur in Zuneigung und Liebe verbunden. Schon damals erkannte er, dass sich die Menschen immer mehr von ihr entfernen. Im Vorwort zu seinen Bildern in Wundergarten der Natur sagt er: »Meine Pflanzenurkunden sollen dazu beitragen, die Verbindung mit der Natur wieder herzustellen. Sie sollen den Sinn für die Natur wieder wecken, auf den überreichen Formenschatz in der Natur hinweisen und zu eigener Beobachtung unserer heimischen Pflanzenwelt anregen.«