Mit ihrer nächsten Ausstellung setzt die Alfred Ehrhardt Stiftung den Dialog fort zwischen Positionen zeitgenössischer Fotografie und dem Werk des Fotografen und Filmemachers Alfred Ehrhardt.
Charles Compère ist in Deutschland seit über fünf Jahrzehnten ein Meister auf dem Gebiet der analogen Farbfotografie, die er Generationen von Fotografen beigebracht hat und auch heute noch beherrscht wie wenige andere. Compères großformatige Aufnahmen von Felsformationen aus Norwegen und den Alpen lassen keinen Betrachter unberührt. Seine Gebirgslandschaften, die von einer intensiven Einfühlung in die Verhältnisse der Natur zeugen, beeindrucken nicht allein durch ihre stille und sachliche Naturschönheit und den großen Detailreichtum. Sie ziehen den Betrachter auch durch ihre Vielschichtigkeit in den Bann. Vielschichtig sind die Bilder im wahrsten Sinne des Wortes, denn der Künstler erwirkt durch Mehrfachbelichtung auf ein Dia im Format 8 x 10 inch (20,3 x 25,4 cm) eine Überblendung von zeitlich wie räumlich ungebundenen Seheindrücken. Durch die Zweifach- oder Mehrfachbelichtung entstehen lasierende Schichtungen von Naturstrukturen, die sich zum Gesamteindruck eines zwar sukzessiv gesehenen, aber nicht im Moment der Aufnahme existenten Naturraums zusammen fügen. Die farblich fein abgestuften Einzelbilder verschmelzen zu einer Komposition aus abstrakten Texturen von Felsen, Bäumen, Sträuchern und Gebirgsbächen, wobei die übereinander gelagerten Schichten wie ein Resonanzkörper Schwingungen hervorrufen und den Eindruck entstehen lassen, das eine Motiv würde auf das darunter oder darüber liegende sein Spiegelbild werfen. So werden die vordergründig realen Ansichten von Gesteinsformationen und Vegetation erst auf den zweiten Blick als ideale Naturzeichnung entschlüsselt. Die Landschaft wird in der Begrenzung durch den abstrahierenden Bildausschnitt und die Schichtung der Motive verdichtet zu einem »Natur-Konzentrat«.
Charles Compère (* 1935) ist frei schaffender Foto-Designer und Landschaftsfotograf. Er war 1970 Gründer des »Studios für konzeptionelle Fotografie« in Leverkusen und hatte Dozenturen an Universitäten, Akademien und Fachhochschulen inne. Er ist berufenes Mitglied im BFF (Bund Freischaffender Fotodesigner), der DGPh (Deutsche Gesellschaft für Photographie) und Ehrenmitglied der DFA (Deutsche Fotografische Akademie). Sein fotografisches Werk wurde in internationalen Magazinen, Zeitschriften und Büchern veröffentlicht, war in zahlreichen Einzelausstellungen und in Ausstellungsbeteiligungen zu sehen und befindet sich in öffentlichen und privaten Sammlungen.
Parallel zu Charles Compères großformatigen Farbfotografien von Gebirgslandschaften werden Alfred Ehrhardts (1901-1984) Aufnahmen von Lavagestein und Basaltformationen gezeigt, die 1938 während seiner 2-monatigen Film- und Fotoexpedition in Island entstanden. Die vorwiegend abstrakt gehaltenen Aufnahmen zeigen Ehrhardts Interesse für die geometrische oder amorphe Struktur von vulkanischem Gestein und verraten seine Ausbildung am Dessauer Bauhaus, wo man sich im so genannten Vorkurs mit der Struktur, Textur und Faktur von Naturmaterialien auseinander gesetzt hatte.
In der Gegenüberstellung der beiden Künstler wird deutlich, wie trotz der vollkommen unterschiedlichen künstlerischen Herangehensweise das strukturelle Sehen den Ausgangspunkt der kompositorischen Überlegung bildet.