Um die Finanzierung seiner Kulturfilme zu ermöglichen, nahm Alfred Ehrhardt gelegentlich Fotoaufträge für Wirtschaft und Industrie an, so etwa 1952 für die Hamburger Handelskammer. Seine Aufnahmen für die Veröffentlichung Hamburg als Industrieplatz sollten ein umfassendes Bild vom industriellen Leben der Hansestadt beschreiben. Ehrhardt fotografierte die großen Hamburger Betriebe, Shell, die Norddeutsche Raffinerie, die Norddeutschen Kokswerke, Montblanc, Steinway, Reemstma, Essig-Kühne und viele mehr. Mit seiner Bildgestaltung nahm er Stilmittel der neusachlichen Fotografie der zwanziger Jahre auf.
Der technische Gegenstand wurde nahsichtig aufgenommen, von seiner Umgebung isoliert, dem Funktionszusammenhang enthoben und nach ästhetischen Kriterien in das Bildgefüge eingeordnet. Dabei setzte Ehrhardt auf die kompositorische Kraft, die von der Wiederholung des gleichen Gegenstands im Bildausschnitt, von einem extremen Fluchtpunkt oder einer strengen Symmetrie ausgeht. Mit dieser Auftragsarbeit entdeckte Ehrhardt, der zuvor ausschließlich Landschaften, Naturgegenstände und Skulpturen aufgenommen hatte, erstmals das ästhetische Potenzial technischer Strukturen, so dass weitere Industrie- und Technikaufnahmen folgten.
In der Gegenüberstellung mit der jetzigen Ausstellung der Stiftung Ann und Jürgen Wilde wird der Einfluss des neusachlichen Bildvokabulars deutlich, das Germaine Krull mit ihrem wegweisenden Buch METAL von 1928 maßgeblich mitbestimmt hatte.