Eröffnung am Freitag, den 9. Januar 2026, 19-21 Uhr
In Anwesenheit des Künstlers
Der Fotograf Arno Schidlowski (*1975) zeigt in der Alfred Ehrhardt Stiftung mit Jasmund und Der Sonne Mond zwei Werkserien, die unterschiedliche Zugänge zur Landschaft eröffnen. Seine ausschließlich analog und von Hand gefertigten Fotografien entstehen in langen Arbeitsprozessen und aus einer konzentrierten Auseinandersetzung mit Natur und Licht. Jasmund widmet sich einem kulturell geprägten, vielfach gesehenen Ort, während Der Sonne Mond eine innere, nicht eindeutig verortbare Szenerie entstehen lässt. In beiden Werkgruppen greift Schidlowski Strategien der Romantik auf und überführt sie in eine präzise, kontemplative Naturbetrachtung, die an die Tradition eines Alfred Ehrhardt anknüpft.
Die Serie Jasmund (2005–2011) führt auf die Insel Rügen, an jene Kreideküsten und Buchenwälder, die durch Caspar David Friedrichs Malerei weltberühmt wurden. Schidlowski kehrte über Jahre immer wieder an diesen Ort zurück, um „adäquate Bilder“ einer Landschaft zu finden, die tief im kulturellen Gedächtnis verankert ist. Anstatt den Klischees romantischer Bildwelten zu folgen, entwickelte er eine Perspektive, die den Widerspruch von äußerem Abbild und innerem Blick aufgreift. Seine Fotografien sind still, reduziert, konzentriert, aber von intensiver Farbigkeit. In der rhythmischen Abfolge seiner Aufnahmen – einer Art visueller Taktung -, entfalten sich Bildfragmente von Meeresoberflächen, Baumkronen oder nebelverhangenen Horizonten zu einem poetischen Resonanzraum, der zugleich den Mythos dieses romantisch überformten Ortes hinterfragt.
In den folgenden Jahren, von 2011 bis 2013, entstand als direkte Reaktion auf Jasmund die Arbeit Der Sonne Mond. Für dieFotoserie verlässt Schidlowski den Norden und richtet den Blick in eine nicht verortbare Landschaft des Südens. Eine Auswahl seiner Schwarz-Weiß-Barytabzüge lassen eine mediterran anmutende Umgebung erahnen, die sich jedoch geografisch nicht benennen lässt, vielmehr handelt es sich um einen inneren Ort ohne eindeutige Orientierungsmuster. Der Titel der Werkserie entstand aus der Vorstellung, die Erde wie ein fremdes Terrain zu betreten: mit dem Blick eines Außenstehenden, neugierig, offen, frei von Erwartung. Zypressen, verdorrte Sträucher oder Disteln auf trockenem Boden erscheinen im hellen Licht bis zur Abstraktion reduziert, andere Motive wirken dunkel und geheimnisvoll. Schidlowski spielt auch hier mit Reminiszenzen an die Vergangenheit: Die Fotografien erinnern an historische Aufnahmen, sie wirken wie aus der Zeit gefallen, wie leicht glänzende Albuminpapiere oder solarisierte Überstrahlungen. Die reduzierten, sehr zarten Motive oszillieren zwischen Traum und Erinnerung. Im dialektischen Spannungsverhältnis zwischen Vertrautheit und Fremdheit entsteht eine poetische Dichte, die den Blick von den Dingen löst und den Betrachter in einen Zustand meditativer Schwebe versetzt.
Beiden Werkgruppen gemeinsam ist die intensive Auseinandersetzung mit der Natur: Schidlowski setzt sich den Landschaften aus, reagiert auf sie, findet in ihnen seine Position. Seine Fotografien greifen Strategien der Romantik auf, verhandeln sie jedoch neu – nicht als Dramatik oder Emotionsausbruch, sondern als kontemplatives Erleben. Schidlowskis präzise Naturbetrachtung und intensive Auseinandersetzung reiht sich in eine Tradition ein, die auf Alfred Ehrhardt verweist. Die Arbeiten sind ästhetisch eindringlich, konzeptuell klar und zugleich unmittelbar zugänglich.
Die Ausstellung zeigt rund 50 Arbeiten, ergänzt durch die in Mappen eingelegten, vollständigen Serien in zwei Vitrinen. Alle Abzüge stammen aus der eigenen Dunkelkammer des Künstlers.
Zur Person: Arno Schidlowski (*1975, Münster) lebt in der Nähe von Hamburg. Nach einem Diplom 2006 in Visueller Kommunikation an der FH Dortmund absolvierte er 2013 ein Masterstudium bei Prof. Ute Mahler an der HAW Hamburg. Seitdem wird er von Jo van de Loo, München, vertreten, mit Einzelausstellungen, Sammlungsankäufen und Messebeteiligungen in Berlin, Amsterdam, Paris, London und Wien.